Familienportraits

Sissy Pfarr

Mein König in seinem Reich

„Die fotografisch fixierter Welt unterliegt nicht der Vergänglichkeit, etwas überdauert den Tod, das Ereignis wird verewigt. Das ist die irrationale Kraft der Fotografie.“ (Cornelia Brink) Das Foto bezeugt Beziehungen, es dokumentiert das gelebte Leben, es besteht über den Tod des Abgebildeten hinweg. Und so versuche ich die Persönlichkeit meines Vaters mit den Mitteln der Fotografie darzustellen, seine Geschichte zu erzählen. Wenn ich die Geschichte meines Vaters erzähle, erzähle ich auch ein wenig meine Geschichte. Von ihm habe ich schließlich die Liebe zur Kunst und zur Fotografie. Ich erinnere mich noch gut an die Momente meiner Kindheit, die er mit seiner Leica festhielt und an die unzähligen Fotos, die dann in Schachteln aufbewahrt wurden, weil keiner sich die Zeit nahm, sie in Alben einzukleben. Es soll auch eine Gelegenheit sein mich zu bedanken für alles Gute und das zu verzeihen, was nicht so gelungen ist. Denn er hat sicherlich nicht immer alles richtig gemacht, aber genug, um mich so werden zu lassen, wie ich geworden bin. Er selber betont oft, dass er einmal keinen Nachruf möchte, denn um es mit seinen Worten auszudrücken: „Was da gelogen wird, das will ich nicht!“ Als Organist erlebte er das unzählige Male bei verschiedenen Requien. Und dennoch will ich ihm mit diesem Buch ein Denkmal setzen. Noch einmal festhalten, was ihn ausmacht, wie er jetzt ist und vielleicht in wenigen Jahren nicht mehr sein wird: Mein König in seinem Reich. Während meiner Arbeit entdeckte ich in all seinem künstlerischen Chaos eine eigene Ordnung. Ich war überrascht und fasziniert zugleich. Von nun an legte ich den Fokus meiner Arbeit auf die Erkundung dieser äußerst interessanten Ordnungen. Ich fand Ordnungssysteme, die seiner Sammelleidenschaft dienen, die die Einnahme seiner Medikamente erleichtern und sogar solche, die Geschichten erzählen.